Original und Kopie noch besser nutzbar machen
Fragen an Oliver Zinn, Geschäftsführer Memocon
Ein Originaldokument ist unersetzlich. Es besitzt emotionale Werte, die eine digitale Kopie niemals vermitteln kann. Außerdem überliefert das Original wertvolle Informationen, wie zum Beispiel die Herkunft des Papiers oder die Art der Schreib- und Druckstoffe. Es zu erhalten, ist eine zwingende Rechtspflicht und Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen.
Die digitale Kopie wiederum ermöglicht eine ubiquitäre Verfügbarkeit, bietet vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und dient dem Schutz des Originals. Deshalb erstellen wir im Workflow der Bestandserhaltung auch digitale Kopien. Ein Angebot, welches trotz oftmals unterschiedlicher Förderungen, zunehmend angenommen wird.
Unser Ziel ist es, die Erhaltung des Originals und die Erstellung digitaler Kopien – zwei an sich gegenpolige Elemente der Bestandserhaltung – intelligenter zu verknüpfen und für die historischen Überlieferungen noch besser nutzbar zu machen.
Nein, viele restauratorische Arbeiten können derzeit und wahrscheinlich auch zukünftig zum größten Teil nur mechanisch erfolgen. Dagegen sind Entsäuerung, Stabilisierung und Digitalisierung der Dokumente im maschinellen Arbeitsprozess oftmals wesentlich effektiver und wirksamer.
Automatisierungsprozesse ermöglichen es Restauratoren, sich auf ihre mannigfaltigen und anspruchsvollen Tätigkeiten zu konzentrieren. Nur in dieser Kombination sind die erforderlichen Mengen und Aufgaben in der Kulturguterhaltung überhaupt zu bewältigen. Insofern ergänzen sich bei uns Mensch und Maschine zu einer ganzheitlichen Bestandserhaltung. Wir forschen ständig, um diese Workflows weiter zu verbessern. Zum Beispiel in Richtung einer softwaregestützten Schadenskartierung, die ein gezieltes Erkennen und Auffinden von notwendigen Restaurierungen ermöglicht.
Durch die stetige Entwicklung moderner, umweltfreundlicher Technologien und deren Einbindung in intelligente Workflows können wir sehr bedarfsgerechte Dienstleistungen für die überwiegende Mehrzahl an Schadensbildern bieten. Damit werden wir dem ständig wachsenden Bedarf und Anspruch gerecht, und unsere Kunden profitieren auf allen Ebenen von Zusatznutzen. So können wir zum Beispiel die maschinelle Foliierung, manuelle restauratorische Arbeiten, die Reinigung und die Erstellung von Zweitformen in den Workflow der Entsäuerung einbinden und dadurch sehr kosteneffizient, zeitsparend, flexibel und bedarfsgerecht arbeiten.
Auch bei der Entwicklung neuer Verfahren haben wir potenzielle Mehrwerte im Blick, die über die Verknüpfung von Original und Kopie hinausgehen. So bietet die Nutzung künstlicher Intelligenz noch ungeahnte Möglichkeiten für die geisteswissenschaftliche Forschung und die zukünftige restauratorische Arbeit.
Unsere Kunden vertrauen uns wertvolles Kulturgut mit dem Auftrag an, seinen historischen und ästhetischen Wert zu erhalten und für zukünftige Generationen zu sichern.
Jedes Stück wird von uns sorgfältig und individuell behandelt, auch wenn wir dafür automatisierte Prozesse nutzen. Unsere technischen Verfahren ermöglichen eine einmalige umfängliche Behandlung und sind sehr schonend und risikoarm. Sie unterliegen dem modernen Verständnis der Restaurierungsethik. Das bedeutet: Archivgut soll so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich behandelt werden. Eine restauratorische und konservatorische Maßnahme sollte erst dann durchgeführt werden, wenn dies unumgänglich und notwendig ist. Die durchgeführten Tätigkeiten und Einsatzstoffe werden dokumentiert. Die verwendeten Materialien sollen möglichst reversibel sein. Das Wissen des Restaurators um die Bedeutung des Objekts und dessen gesellschaftlichen Nutzen ist schließlich Voraussetzung für seine Tätigkeit. Diesem Anspruch müssen wir uns auch bei der Entwicklung und Anwendung von automatisierten Prozessen stellen. Es ist folglich nicht ausreichend und zielführend, Massen an Dokumenten pauschal und en bloc einer Maschine zuzuführen. Das greift zu kurz. Der vordergründige Mengenerfolg und die Wirtschaftlichkeit werden langfristig teuer erkauft.
Wir setzen keinerlei toxische, brennbare oder explosive Stoffe ein – auch dann nicht, wenn solche Stoffe zu einer wirtschaftlicheren Lösung führen würden.
Auch bei unseren aktuellen Forschungsaktivitäten steht der Schutz von Umwelt und Gesundheit an oberster Stelle. So haben wir uns für den zukünftigen Einsatz einer sehr spezifischen und bislang im Bereich der automatisierten Restaurierung noch nicht angewendeten Technologie entschieden. Im Unterschied zu dem derzeit diskutierten und teilweise auch praktizierten Einsatz von niedrigskaligen Nanopartikeln stellt auch die künftige Neuentwicklung der Memocon weder konkret noch abstrakt ein gesundheitliches Risiko dar. Eine Entwicklung unter Berücksichtigung von Umwelt und Gefährdungspotentialen bedeutet einen erheblichen Mehraufwand, der jedoch zwingend notwendig ist und unserer Überzeugung entspricht. Es muss völlig ausgeschlossen sein, dass die heutige Bestandserhaltung, die das schriftliche Erbe für zukünftige Generationen erhalten soll, die Nutzer von heute und morgen gefährdet.